Corona-Schnelltest gegen Bargeld – Ein Hauch von USA in Berlin

ICH HATTE SYMPTOME UND WOLLTE MICH AM GLEICHEN TAG TESTEN LASSEN. KOSTENLOS IST DAS IN BERLIN NICHT MÖGLICH. ABER MIT GELD GEHT ALLES.

OK Berlin, das kann so nicht gedacht sein: Ich hatte gestern eine ganze Latte an Erkältungssymptomen und wie wir alle wissen, sollte man damit schleunigst einen Corona-Test aufsuchen. Ich rufe also bei der Corona-Hotline an, wo mir die Nummer vom Gesundheitsamt in meinem Bezirk genannt wird. Das Gesundheitsamt nennt mir eine Liste mit Ärzten, die Corona-Tests durchführen. Die Liste habe ich 2 Stunden lang abtelefoniert. Ergebnis: Mein frühester Termin wäre am Mittwoch, also zwei Tage später gewesen und dann hätte ich noch einen Tag auf das Ergebnis warten müssen.

SIE HABEN DIE WAHL. NEE. HABEN SIE NICHT.

Und ich denke mir: Nö. Das fühlt sich nicht richtig an. Ich hatte irgendwie erwartet, dass wir nach allen Zweite-Welle-Warnungen noch an Tag eins der Symptome wenigstens einen Test machen können. Ich hatte zuvor den üblichen Kontakt mit Kollegen, die alle zu Recht genervt waren, denn solange kein Testergebnis da ist, weiß keiner, ob er oder sie sich nicht auch bei mir infiziert haben könnte. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber natürlich müssen alle präventiv zurück ins Home Office und ihrerseits ihren Kontakten Bescheid geben. Drehs müssen abgesagt werden und drei Tage lang ist wieder Stillstand bei unzähligen Personen, die alle das theoretische Risiko in sich tragen, in dieser Zeit selbst Spreader zu sein. Wir kennen das. Also habe ich für mich gesagt: Ich muss mich allein schon aus Respekt vor meinen Kollegen noch heute testen lassen, ich hab ja gar keine Wahl.

EIN SCHNELLTEST FÜR 100 EURO – GOD BLESS CAPITALISM

Zum Glück gab es eine Lösung, aber die ist teuer: Privatwirtschaftliche Labore. In Weißensee gibt es ein Labor, das Rachenabstriche nach kurzer Wartezeit durchführt und am Abend das Ergebnis mitteilt. Für 100 Euro in bar und wir lassen die Krankenkasse da raus. Ich kann es mir leisten, ich musste es mir ja auch leisten, aber ich kam mir vor, wie in den scheiß USA, wo der Kontostand darüber entscheidet, wie lange man leben darf. Ich fasse zusammen: Ich hatte eindeutige Symptome, ein Test war also zwingend nötig, aber den Schnelltest kriege ich nur mit genügend Kleingeld. Wer die Kohle nicht berappen kann oder will, muss drei Tage warten und ist in dieser Zeit ein Risiko. Wer’s zahlen kann, aber nicht will, zahlt es es trotzdem, weil niemand seinem Umfeld auf den Sack gehen will. Ich kann mich ja nicht hinsetzen und meinen Leuten sagen “Bei Euch ist jetzt Stillstand” weil ich diesem Labor nicht 100 Euro hinterherwerfen will. Zurück zu den offiziellen Stellen: Natürlich weiß man dort, dass es private Labore gibt, die schnell testen. Aber natürlich darf ein Gesundheitsamt keine privaten Dienstleister empfehlen.

CPATILALISM IS HEALING

Wenn Berlin wieder in den Lockdown muss, dann liegt es auch daran, dass einkommensschwache Berliner gezwungenermaßen drei Tage lang ungetestet Däumchen drehen, oder – weil der Mensch nunmal so ist – bis zum Testergebnis ganz normal ihr Leben leben. In Welle eins bestand zumindest ein positiver Nebeneffekt darin, dass der Kapitalismus und seine Reflexe nach langer Zeit mal wieder zweitrangig waren. Aber diese Schnelltest-Paywall ist eines von vielen Zeichen dafür, dass er sich langsam wieder aus dem Busch wagt. Schade.

Ich bin Komiker, ich kann das Problem nicht lösen, aber ich kann Euch wenigstens sagen, was ihr wissen müsst, weil ich gestern wirklich schwer verblüfft war:

  • Vergesst das Wort Schnelltest auf Kasse. Es geht zumindest in Berlin nicht schnell, Ihr müsst mit den ganz normalen Wartezeiten rechnen als hättet ihr Zahnschmerzen und nicht ein Virus, das ganze Volkswirtschaften lahm legt.
  • Macht es wie die US-Bürger: Arbeitet hart, spart Geld, dann wird Euch in angemessener Zeit geholfen. God bless capitalism.