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m 26. Januar (morgen) erscheint um 23:40 Uhr in der Browser Ballett TV Show ein Clip in der ARD, der durchspielt, was realistischerweise passieren würde, wenn Frauen für einen Tag lang in einen internationalen Frauenstreik treten würden. Das Ganze läuft unter Satire, aber eigentlich ist der Clip ein konsequentes Gedankenspiel, das uns direkt in den dritten Weltkrieg führt. Für den Clip haben die Autorinnen und Autoren versucht, den weiblichen Anteil aus den Bruttoinlandsprodukten dieser Welt rauszurechnen. Das Ergebnis ist beunruhigend.

Hier mal eine Hypothese: Würden Frauen in den Streik treten, wäre das Ergebnis mitnichten die Halbierung der Produktivität einer Volkswirtschaft, stattdessen würde sie locker um 80 Prozent einbrechen, weil der Faktor Verantwortung dramatisch in die Knie gehen würde. Gemeinhin ist bekannt, dass sich Männer in der Arbeitswelt selbst am Nächsten sind, während Frauen mehr Energie in das Team investieren. Diese Neigung wird meistens als Blödheit im Mantel der Selbstlosigkeit wahrgenommen, weil Solidarität und Rücksicht zwar total süß sind, aber auch Gift für die eigene Karriere. Aber ist das wirklich so? Fakt ist: Würden Frauen streiken, wäre das der Untergang, legten Männer kollektiv die Arbeit nieder, würden wir es nach zwei Wochen wahrscheinlich gar nicht mehr merken. 

Kalt ökonomisch gesprochen sind Verantwortung und Solidarität die größten Multiplikatoren für Produktivität, weil jede die andere unterstützt. Solidarität hat leider in der männlich geprägten Arbeitswelt keine besonders starke Lobby, daher wird das Verantwortungsgefühl von Frauen immer noch viel zu oft missbraucht. Doch in der Arbeitswelt wird aktuell gewaltig ausgemistet und hauptsächlich landen männliche Motive und Manierismen im Müll. Nicht weil Männer doof sind, sondern weil die männlich geprägte Arbeitswelt unglaublich ineffektiv ist. Sie lebt im Großen wie im Kleinen vom Erfolg des Einzelnen und nicht selten in der Sabotage der eigenen Kollegen. Dabei wird eine Gruppe, in der alle miteinander arbeiten, immer bessere Ergebnisse liefern, als eine Gruppe, in der jeder den individuellen Erfolg über das Gruppenziel stellt. Für Männer: Das kann man sehr gut beim Fußball beobachten. 

In der Regel fragt die Gesellschaft trotzdem noch oft “Was müssen Frauen tun, um die gleichen Karriere-Chancen wie Männer zu haben?” und zieht man einen Karriere-Ratgeber für Frauen zurate, lautet die Antwort: Werde einfach mehr wie ein Mann. Aber welchen Mehrwert soll es haben, wenn Frauen jetzt plötzlich auch die Ellenbogen anspitzen, ihr ganzes Selbstbewusstsein über die Kollegen gießen und den Konkurrenzkampf als Sport begreifen? Das war ja schon bei Männern falsch. Einer Organisation kann nichts Schlimmeres passieren, als zu viele Mitglieder zu haben, die nur für sich kämpfen. 

Der Männer-Weg ist deshalb der Gold-Standard in Karriere-Ratgebern, weil wir nichts anderes kennen und weil in kaum einem Lebensbereich der Mann so sehr Norm ist wie im Berufsleben. Deshalb aber davon auszugehen, der Männer-Weg sei automatisch richtig, ist naiv und geschichtsvergessen. Warum beobachten wir nicht erstmal ganz genau weiblich geprägte Arbeitsumfelder, in denen mehr und besser kommuniziert wird und in denen Rücksicht einen höheren Stellenwert hat. Wenn diese Organisationen in den nächsten 20 Jahren krachend untergehen, weil es mehr Eier gebraucht hätte, dann können wir nochmal darüber reden. Vermutlich werden sich Karriere-Ratgeber in 20 Jahren aber ganz anders lesen. Möglicherweise ist ja sogar der Frauen-Weg der neue Goldstandard von morgen. Aber wer Frauen empfiehlt, wie Männer zu werden, der empfiehlt Autos wie Pferde zu werden.

Und damit kommen wir zurück zum Frauenstreik. Möglicherweise ist das Mittel Streik ja nur eine Reaktion auf zutiefst unsolidarische Arbeitsbedingungen, die von einer Skrupellosigkeit geprägt sind, zu der Frauen gar nicht Willens wären. Vielleicht würde eine weiblich geprägte Arbeitswelt für fairere Bezahlung und eine bessere Balance zwischen Arbeits- und Privatleben sorgen. Und jetzt kommt’s: Vielleicht wäre eine weiblich geprägte Arbeitswelt auch für Männer von Vorteil. Vielleicht braucht der Kapitalismus des höher, weiter, schneller ein Gegengewicht des reflektierter, langsamer, sozialer, wenn uns nicht zuerst die Demokratie und anschließend der Planet um die Ohren fliegen soll. Darum geht es in Diversitätsfragen in Wirklichkeit und nicht darum, dass Männern etwas weggenommen werden soll. Überhaupt, werte Herren: Wenn Sie wirklich von der Natur mit signifikant mehr Intelligenz und Tatendrang ausgestattet wurden, haben Sie doch ohnehin nichts zu befürchten. 

Ach ja: Der Clip zum Thema läuft morgen um 23:40 in der ARD, Ungeduldige checken das Browser Ballett ab 5:30 Uhr in der ARD Mediathek.

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